Auf den ersten Seiten unterlag ich dem Irrtum, in eine weitere Teenager-Lovestory an einer Schule gestolpert zu sein. Diese Geschichte ist aber so viel mehr als das. Die Story kommt schnell ins Rollen, was einerseits befremdlich ist, weil man sich eben doch ein paar Fragen zur neuen Welt stellt, die sich Melek offenbart und nicht alles einfach so gutgläubig hinnimmt wie die Protagonistin, aber andererseits vergehen nicht erst ein paar Kapitel, bis Melek einsieht, dass sie nun Teil ebendieser Welt ist. Wofür es sogar tatsächlich eine Erklärung gibt.
Einer ihrer neuen Gefährten hat ein gewisses Talent, das im Grunde all seine Untergebenen wie auch Melek zu Schafen macht. Sie folgen seinen Befehlen und dem was er sagt, bedingungslos. Weibliche Talente glauben daher auch, in ihn verliebt zu sein.
Das sorgt für gehörig Konfliktpotenzial, zumal Dschinn – die Feinde der Talente, ihren Opfern Gefühle durch einen Kuss absaugen, weshalb es die eiserne Regel gibt, sich niemals näherzukommen; denn der andere könnte ja einer der bösen Gestaltwandler sein.
Die sind aber auch nicht *nur* böse, was alles komplizierter, aber auch viel glaubhafter und interessanter macht. Es ist eben nicht alles nur schwarz oder weiß und überhaupt sagt man den Talenten eigentlich nur das, was sie unbedingt wissen müssen, um gute, nichts hinterfragende Soldaten zu sein.
Es gibt jede Menge Geheimnisse und ebenso geheimnisvoll bleibt lange, was es eigentlich mit Meleks Freund Erik auf sich hat. Wie ein Schatten begleitet er sie seit zwei Jahren, ist immer an ihrer Seite; sozusagen ihr einziger Freund, weil die Protagonistin nicht gerade mit Gefühlen nach außen geizt, außerdem weiß er immer, was er zu Meleks Eltern – und auch anderen, sagen muss, damit seine Freundin weniger Ärger kriegt oder das Haus trotz Hausarrests verlassen darf.
Das Aufeinandertreffen zwischen Meleks Eltern und Erik ist jedenfalls recht amüsant; die Gegend, in der die Story spielt, wirkt lebhaft und echt – immerhin gibt es diese Orte in Wirklichkeit, und hat gewissen dörfischen Charme. Bei den Talenten habe ich ab und an den Überblick verloren, weil es einfach zu viele sind, um sie alle tatsächlich kennenzulernen, sieht man von Sylvia, dem dreizehnjährigen Orakel mit Denkweisen einer Siebzigjährigen ab. Wenn ich einmal so alt bin, werde ich vermutlich nicht so weise sein. Umso seltsamer, aber auch belustigender ist es, was die *Große* oftmals von sich gibt.
Mehrmals in der Story stieß ich an Momente, in denen ich Melek am liebsten den Hals umgedreht hätte. Sie versteht nicht, was ihr alle begreiflich machen wollen und dieses dagegen Wehren nervt ein bisschen. Doch der Grund, warum sie sich so vehement selbst belügt, ist plausibel. Überhaupt werden viele Dinge, die im ersten Moment und auch in weiteren, sinnfrei erscheinen, irgendwann einen nachvollziehbaren Sinn haben. Selbst, wenn einem der nicht gefällt – er ist da. Und das finde ich persönlich gut.
Jetzt bleibt nur zu hoffen, dass Melek irgendwann und das hoffentlich nicht erst mehrere Bücher später – denn ich habe gerade gesehen, es sind derzeit insgesamt sechs, ebenfalls ein Licht aufgeht und dass sie dann begreift, was sie die ganze Zeit schon direkt vor der Nase hat. Falls es bis dahin nicht bereits zu spät ist. Kann ich bei dieser Geschichte nicht einschätzen. Was gut es. Es macht sie unberechenbar.
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